GEM aktuell Nr. 29 2021

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Jahressteuergesetz 2020:

Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht: Was neu ist und was (zum Glück) nicht gekommen ist

Michael Ernst-Pörksen

Das im Dezember verabschiedete Jahressteuergesetz 2020 hat zwar erst mit den durch den Finanzausschuss zum Ende des Gesetzgebungsverfahrens eingebrachten Änderungen auch gemeinnützigkeitsrechtliche Regelungen neu gefasst, dafür aber doch zum Teil sehr weitgehende Änderungen gebracht, die auf die weitere Entwicklung gemeinnütziger Organisationen erheblichen Einfluss haben werden.

Die Aufnahme der Änderungen wurde wesentlich vorbereitet durch eine Entschließung des Bundesrats vom 09.10.2020. Nicht alles, was der Bundesrat vorgeschlagen hat, wurde aufgenommen, aber doch das meiste.

1. Was nicht gekommen ist

Die Entschließung des Bunderats sah neben den Gesetz gewordenen Vorschlägen zusätzlich vor, dass gegen Zahlung einer Steuer der Ausstieg aus der Gemeinnützigkeit ermöglicht werden soll, ohne dass es – wie bisher gemäß § 61 AO – zu einem nachträglichen Wegfall der Steuerbegünstigung für einen Zeitraum von 10 Jahren kommt. Die Ausstiegssteuer sollte 30% des beim Ausstiegsstichtag vorhandenen Vermögens betragen. Zum Glück ist diese Idee nicht Gesetz geworden. Auch wenn es sinnvoll ist, über Ausstiegsszenarien nachzudenken, so muss doch vermieden werden, dass die bereits jetzt absehbare Tendenz, den gemeinnützigen Bereich als Finanzanlagesektor zurecht zu biegen, durch die Schaffung steuerbegünstigter Akkumulationsphasen (Phase der Gemeinnützigkeit) mit vergleichsweise günstiger Ausstiegsbesteuerung weiter zu verstärken. Auch hier sollte die kommende Legislaturperiode genutzt werden, eine Regelung zu finden, die dem Grundgedanken der Selbstlosigkeit steuerbegünstigter Körperschaften auch im Falle des Ausstiegs aus der Steuerbegünstigung Rechnung trägt.

Bereits auf Ebene des Bundesrats war der Vorstoß einzelner Länderfinanzministerien nicht zu einer Zustimmung gelangt, im Anschluss an die Attac-Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die Abgabenordnung dahingehend zu ändern, dass eine steuerbegünstigte Körperschaft bei der Verfolgung ihrer steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke politisch tätig werden kann, wenn ihre steuerbegünstigte Tätigkeit mit einer politischen Zielsetzung verbunden sei. Zum Glück ist diese oder eine ähnliche Formulierung nicht Gesetz geworden. Sie hätte nur noch mehr Verwirrung geschaffen (welcher steuerbegünstigte Zweck ist nicht mit einer politischen Zielsetzung verbunden, und was überhaupt sind politische Zielsetzungen?) und gemeinnützige Körperschaften aller Art wieder zur Parteispendenumleitungsmaschinerie gemacht. Den mit gemeinnützigkeitsrechtlichen Fragen beschäftigten Bundestagsabgeordneten ist im Verlauf der Diskussion offensichtlich klar geworden, dass es sich bei Frage politischer Interventionen steuerbegünstigter Körperschaften um ein etwas dickeres Brett handelt, das nicht im Schnellverfahren gebohrt werden sollte. Die kommenden Jahre sollten deshalb genutzt werden, um das ja tatsächlich bestehende Problem in Ruhe und mit Nachhaltigkeit anzupacken. Es wird dabei wohl herauskommen, dass die Förderung politischer Teilhabe nicht im Rahmen des Gemeinnützigkeitsrechts, sondern als gesonderter Steuerbegünstigungstatbestand in einer eigenen gesetzlichen Regelung behandelt werden sollte. 

2. Die für steuerbegünstigte Körperschaften besonders relevanten Änderungen im Einzelnen

Die Reihenfolge der nachfolgend dargestellten Neuregelungen folgt weitgehend der Reihenfolge ihrer Nennung im Jahressteuergesetz 2020. Die Artikelangabe bezieht sich auf den jeweiligen Artikel des Jahressteuergesetzes 2020.

(1) „Übungsleiterpauschale“, „Ehrenamtspauschale“: § 3 Nr. 26 und 26a EStG /Artikel 2

Die in § 3 Nr. 26 und 26a EStG genannten Freibeträge wurden erhöht:

3 Nr. 26 EStG stellt „Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker Menschen oder Menschen mit Behinderungen im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder in der Schweiz belegen ist, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 3 000 Euro im Jahr“ von der Einkommensteuer frei. Bisher waren die Einnahmen bis zur Höhe von 2.400 Euro im Jahr freigestellt.

Ebenso erhöht wurde der Freibetrag gemäß § 26a EStG, der unter denselben Bedingungen wie der Freibetrag gemäß § 3 Nr. 26 EStG gewährt wird, allerdings auch für alle sonstigen Tätigkeiten im Dienst oder im Auftrag der oben genannten Dienst- bzw. Auftraggeber. Der Freibetrag beträgt nach dieser Vorschrift nunmehr 840 Euro (bisher: 720 Euro).

Der Finanzausschuss begründet die vorgeschlagene und beschlossene Erhöhung damit, dass sie „der Entlastung der ehrenamtlich Engagierten diene“. Der Vorschlag geht auf die Stellungnahme des Bundesrats zum Jahressteuergesetz zurück, der steuerliche Entlastungen für ehrenamtlich Tätige als „Kernpunkt zur Stärkung der Mitte der Gesellschaft und zur Entfaltung von weiterem Potenzial für bürgerschaftliches Engagement“ betrachtet.

Die Sinnhaftigkeit der Erhöhung der genannten Freibeträge kann bezweifelt werden – und wird es auch weithin. Ob höhere Freibeträge mehr ehrenamtliches Engagement hervorbringt und damit obendrein „die Mitte der Gesellschaft“ stärkt, ist durchaus fraglich. Die Erhöhung dient natürlich nicht zuletzt auch den größeren Trägern der Wohlfahrtspflege, weil es ihnen erlaubt, zu geringeren Kosten zusätzliche niedrig bezahlte Arbeit zu mobilisieren. Gleichzeitig dient dies den öffentlichen Kostenträgern der Leistungen dieser Träger, weil zusätzlich niedrig entlohnte Arbeit der Kostenentlastung im Sozialsystem dient. Insoweit fördert sich die Öffentliche Hand durch derlei Steuererleichterungen immer auch ein bisschen selbst.

Auch wenn die Freibeträge für den/die Einzelne/n noch immer eher niedrig sind, so wirken sie insgesamt in Richtung gesondertem Niedriglohnsektor im Sozial- und Kulturbereich und werden nicht nur deshalb unter dem Stichwort „Monetarisierung des Ehrenamts“ kritisch diskutiert. Die Schaffung starker ehrenamtlicher Strukturen zur Stärkung der „Mitte der Gesellschaft“ würde eher durch die verstärkte Öffnung weiterer Politikfelder (Finanz- und Wirtschaftspolitik, Außen- und Sicherheitspolitik, Energiepolitik, Innen- und Demokratiepolitik etc.) für zivilgesellschaftliche Teilhabe gefördert. Auch dies könnte ein Feld steuerlicher Förderung sein. Im Rahmen des § 3 Nr. 26 EStG könnte dies geschehen durch die Ausweitung der für den Freibetrag in Frage kommenden Anwendungsfelder.

(2) Zuwendungsbestätigungen: § 50 EStDV / Artikel 6

Bei Spenden an steuerbegünstigte Körperschaften sind die Spender auch bei eher niedrigen Spendenbeträgen an der steuerlichen Abzugsfähigkeit interessiert. Diese setzt gem. § 50 (1) EStDV das Vorliegen einer Zuwendungsbestätigung „nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck“ voraus. Ausgestellt werden muss die Bestätigung durch den Zuwendungsempfänger. Wie dies zu geschehen hat und wie der amtlich vorgeschriebene Vordruck auszusehen hat, war dem Bundesfinanzminister immerhin ein sechsseitiges Schreiben wert. Wer jedoch „vorsätzlich oder grob fahrlässig eine unrichtige Bestätigung ausstellt (…) haftet für die entgangene Steuer. Diese ist mit 30% des zugewendeten Betrags anzusetzen“ (§ 10b (4) EStG).

Risiko und Verwaltungsaufwand der Erstellung von Zuwendungsbestätigungen machen für gemeinnützige Körperschaften Regelungen attraktiv, die den Spendenabzug auch ohne gesonderte Bescheinigungen ermöglichen. Solche Regelungen enthält § 50 (4) EStDV:

„Statt einer Zuwendungsbestätigung genügt der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts, wenn

1. die Zuwendung zur Hilfe in Katastrophenfällen:

  1. innerhalb eines Zeitraums, den die obersten Finanzbehörden der Länder im Benehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen bestimmen, auf ein für den Katastrophenfall eingerichtetes Sonderkonto einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts, einer inländischen öffentlichen Dienststelle oder eines inländischen amtlich anerkannten Verbandes der freien Wohlfahrtspflege einschließlich seiner Mitgliedsorganisationen eingezahlt worden ist oder
  2. bis zur Einrichtung des Sonderkontos auf ein anderes Konto der genannten Zuwendungsempfänger eingezahlt wird; wird die Zuwendung über ein als Treuhandkonto geführtes Konto eines Dritten auf eines der genannten Sonderkonten eingezahlt, genügt der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung des Kreditinstituts des Zuwendenden zusammen mit einer Kopie des Barzahlungsbelegs oder der Buchungsbestätigung des Kreditinstituts des Dritten, oder

2. die Zuwendung 300 Euro nicht übersteigt und

  1. der Empfänger eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine inländische öffentliche Dienststelle ist oder
  2. der Empfänger eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes ist, wenn der steuerbegünstigte Zweck, für den die Zuwendung verwendet wird, und die Angaben über die Freistellung des Empfängers von der Körperschaftsteuer auf einem von ihm hergestellten Beleg aufgedruckt sind und darauf angegeben ist, ob es sich bei der Zuwendung um eine Spende oder einen Mitgliedsbeitrag handelt, oder
  3. der Empfänger eine politische Partei im Sinne des § 2 des Parteiengesetzes ist, die nicht gemäß § 18 Absatz 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen ist, und bei Spenden der Verwendungszweck auf dem vom Empfänger hergestellten Beleg aufgedruckt ist.
    Aus der Buchungsbestätigung müssen der Name und die Kontonummer oder ein sonstiges Identifizierungsmerkmal des Auftraggebers und des Empfängers, der Betrag, der Buchungstag sowie die tatsächliche Durchführung der Zahlung ersichtlich sein. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 Buchstabe b hat der Zuwendende zusätzlich den vom Zuwendungsempfänger hergestellten Beleg aufzubewahren.“

Durch das Jahressteuergesetz 2020 wurde der Betrag gem. § 50 (1) Nr. 2 EStDV von 200 Euro auf 300 Euro erhöht. Die Regelung ist zu begrüßen, weil sich mit ihr für viele steuerbegünstigte Körperschaften der Verwaltungsaufwand reduziert, ohne dass sich das Missbrauchsrisiko wesentlich erhöht. Allerdings sollte das Bundesfinanzministerium deutlicher als bisher klarstellen, welche Anforderungen an den von der empfangenden Körperschaft herzustellenden Beleg gestellt werden. Das bisher genutzte Verfahren (Download einer entsprechenden Erklärung auf der Website der Körperschaft ohne Bezug zur konkreten Spende) führt nach wie vor zu Unsicherheiten bei den Betroffenen.

(3) Umsatzsteuerfreie ärztliche Leistungen: § 4 Nr. 14 f) UStG / Artikel 12

Dem § 4 Nr. 14 UStG, in dem im Wesentlichen ärztliche Leistungen von der Umsatzsteuer befreit werden, wird ein neuer Buchstabe f) angefügt, der vor allem die Umsatzsteuerbefreiung der Sanitäts- und Rettungsdienste sowie den ärztlichen Notdienst regelt.

(4) Umsatzsteuerfreie Pflegeleistungen: § 4 Nr. 16 UStG / Artikel 12

Die Änderungen des § 4 Nr. 16 UStG betreffen vor allem den Einbezug von Leistungen, die von Trägern der Pflegeberatung erbracht werden.

(5) Umsatzsteuerfreie Leistungen der Essensversorgung: § 4 Nr. 23 c) UStG / Artikel 12

4 Nr. 23 c) UStG stellt ab 2021 „Verpflegungsdienstleistungen und Beherbergungsleistungen gegenüber Kindern in Kindertageseinrichtungen (…) durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben“ von der Umsatzsteuer frei. Die im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2019 eingeführte Nr. 23 c) des § 4 UStG erwähnte nur Studierende und Schüler/innen. Kinder in Kindertagesstätten waren nicht aufgeführt, sodass gemeinnützige Körperschaften, die im Rahmen wohlfahrtspflegerischer Einrichtungen die Essensversorgung für Kinder in Kindertagesstätten erbringen, hinsichtlich der Umsatzsteuerfreiheit ihrer Leistungen in Unsicherheit handeln mussten. Offenbar waren im Jahressteuergesetz 2019 die Kindertagesstätten vergessen worden. Dieser Mangel ist nun behoben worden.

Die Neufassung des § 4 Nr. 23 c) UStG bezieht neben den Verpflegungsdienstleistungen nun auch Beherbergungsleistungen ein.

Zu beachten ist weiterhin, dass in der Regelung nicht von „Verpflegungsleistungen“ die Rede ist, sondern von „Verpflegungsdienstleistungen“.

(6) Steuerbegünstigte Zwecke: § 52 (2) AO / Artikel 27

52 AO definiert „gemeinnützige Zwecke“ im Sinne des Steuerrechts in Absatz 1 zunächst allgemein:

„Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern.“

Absatz 2 konkretisiert im einzelnen Förderzwecke, die im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke“ der Förderung der Allgemeinheit dienen können. Die Liste der in § 52 (2) AO genannten Zwecke ist abschließend, dennoch unterliegt die Vorschrift selbst natürlich Anpassungen durch den Gesetzgeber.

Das Jahressteuergesetz fügt neue Zwecke hinzu und konkretisiert bereits formulierte Zwecke:

  • die in Nummer 8 genannte Förderung des Umweltschutzes erhält Konkretisierung durch den Zusatz „einschließlich des Klimaschutzes“; dabei ist wichtig, dass die Förderung des Klimaschutzes nicht neben die Förderung des Umweltschutzes als gesonderter Zweck tritt, was zu neuen Abgrenzungsschwierigkeiten geführt hätte
  • Nummer 10 lautet nunmehr: „die Förderung der Hilfe für politisch, rassistisch oder religiös Verfolgte, für Flüchtlinge, Vertriebene, Aussiedler, Spätaussiedler, Kriegsopfer, Kriegshinterbliebene, Kriegsbeschädigte und Kriegsgefangene, Zivilbeschädigte und Behinderte sowie Hilfe für Opfer von Straftaten; Förderung des Andenkens an Verfolgte, Kriegs- und Katastrophenopfer; Förderung des Suchdienstes für Vermisste, Förderung der Hilfe für Menschen, die auf Grund ihrer geschlechtlichen Identität oder ihrer geschlechtlichen Orientierung diskriminiert werden“; dabei ersetzt die Formulierung „rassistisch“ die bisherige sachlich falsche Formulierung „rassisch“ (der Finanzausschuss dazu: „Menschen sind Menschen. ‚Rassen‘ gibt es nicht.“; der letzte Teilsatz der Neufassung ergänzt die in Nummer 10 genannten Zwecke; die genannten Förderzwecke sind nicht als Sammelzweck zu sehen, sondern gelten jeweils als einzelne Förderzwecke
  • die Nummer 22 wurde ergänzt durch die Förderung „der Ortsverschönerung“
  • die Nummer 23 lautet nunmehr: „die Förderung der Tierzucht, der Pflanzenzucht, der Kleingärtnerei, des traditionellen Brauchtums einschließlich des Karnevals, der Fastnacht und des Faschings, der Soldaten- und Reservistenbetreuung, des Amateurfunkens, des Freifunks, des Modellflugs und des Hundesports“; diese Nummer steht insgesamt regelmäßig als Sammelsuriums-Zusammenfassung in der Kritik; entscheidend ist, dass die hier genannten Zwecke als gemeinnützige Zwecke „zweiter Klasse“ anzusehen sind, weil Mitgliedsbeiträge zu Körperschaften, die diese Zwecke verfolgen, gemäß § 10b EStG steuerlich nicht abzugsfähig sind; es könnte sein, dass dieser Aspekt bei der Einsortierung des Freifunks nicht bedacht wurde und die Zuordnung dem bloßen Gedanken gefolgt ist, dass der Freifunk als „Funk“ irgendwie mit dem „Amateurfunken“ verwandt ist; dieses Missverständnis wird gegebenenfalls in einer der nächsten Gesetzgebungsrunden korrigiert werden müssen
  • eine neue Nummer 26 schließt nun die Liste ab mit der „Förderung der Unterhaltung und Pflege von Friedhöfen und die Förderung der Unterhaltung von Gedenkstätten für nichtbestattungspflichtige Kinder und Föten“; Nutznießer dieser Ergänzung könnte nebenbei die Nummer 25 sein (die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements zugunsten gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke), weil die Vorstellung des Bundesfinanzministeriums, dieser Zweck sei kein eigenständiger Zweck, sondern würde nur die anderen Zwecke in ihrer Bedeutung insgesamt hervorheben, durch die redaktionelle Anordnung als „letzter“ nicht mehr gestützt wird – auch vom Layout der Vorschrift her handelt es sich nun um einen ganz gewöhnlichen selbständigen Zweck mit der Nummer 25 unter insgesamt 26 gemeinnützigen Zwecken.

(7) Selbstlosigkeit: § 55 (1) AO / Artikel 27

Eine der zentralen Vorschriften des Gemeinnützigkeitsrechts ist der mit „Selbstlosigkeit“ überschriebene § 55 AO. § 55 (1) Nr. 5 lautete bisher:

„Die Körperschaft muss ihre Mittel vorbehaltlich des § 62 grundsätzlich zeitnah für ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwenden. Verwendung in diesem Sinne ist auch die Verwendung der Mittel für die Anschaffung oder Herstellung von Vermögensgegenständen, die satzungsmäßigen Zwecken dienen. Eine zeitnahe Mittelverwendung ist gegeben, wenn die Mittel spätestens in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden.“

Durch das Jahressteuergesetz wird die Regelung durch einen weiteren Satz ergänzt: „Satz 1 gilt nicht für Körperschaften mit jährlichen Einnahmen von nicht mehr als 45.000 Euro.“

Die ursprünglich verbreitete Idee des Bundesfinanzministeriums war, das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung vollständig fallen zu lassen. Die nun erfolgte Reduktion auf Körperschaften mit sehr geringem Einnahmevolumen wird mit dem mit der Neuregelung verbundenen Bürokratieabbau begründet. Der dabei tatsächlich zum Tragen kommende Bürokratieabbau wird kaum messbar sein. Allerdings ist bereits absehbar, dass es bei Körperschaften, die ihre Mittel dauerhaft ansammeln und nicht verwenden, Debatten mit dem jeweiligen Finanzamt geben wird, in welcher Weise und in welchem Umfang die betroffene Körperschaft ihre Zwecke ohne Verwendung der Mittel verfolgt hat. Hier sind jede Menge Diskussionsverläufe denkbar, je nachdem, welches Ziel die einzelne Körperschaft mit der Mittelnichtverwendung verfolgt.

Jedenfalls ist mit der Einführung der Ausnahmeregelung ein Platzhalter eingefügt, bei dem es (wie bei § 3 Nr. 26 EStG) bei zukünftigen Gesetzesänderungen um die Erhöhung des Betrags gehen wird.

(8) Unmittelbarkeit: § 57 AO / Artikel 27

Als strukturell und für die weitere Entwicklung des gemeinnützigen Sektors äußerst bedeutsame Änderung ist die Neufassung des § 57 AO („Unmittelbarkeit“) anzusehen.

Bisher lautete die vollständige Vorschrift folgendermaßen:

„(1) Eine Körperschaft verfolgt unmittelbar ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke, wenn sie selbst diese Zwecke verwirklicht. Das kann auch durch Hilfspersonen geschehen, wenn nach den Umständen des Falls, insbesondere nach den rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen, die zwischen der Körperschaft und der Hilfsperson bestehen, das Wirken der Hilfsperson wie eigenes Wirken der Körperschaft anzusehen ist.

(2) Eine Körperschaft, in der steuerbegünstigte Körperschaften zusammengefasst sind, wird einer Körperschaft, die unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke verfolgt, gleichgestellt.“

Mit dem Jahressteuergesetz 2020 wird § 57 AO um die Absätze 3 und 4 erweitert:

„(3) Eine Körperschaft verfolgt ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn sie satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren Körperschaft, die im Übrigen die Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 erfüllt, einen steuerbegünstigten Zweck verwirklicht. Die §§ 14 sowie 65 bis 68 sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass für das Vorliegen der Eigenschaft als Zweckbetrieb bei der jeweiligen Körperschaft die Tätigkeiten der nach Satz 1 zusammenwirkenden Körperschaften zusammenzufassen sind.

(4) Eine Körperschaft verfolgt ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn sie ausschließlich Anteile an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften hält und verwaltet.“

Absatz 4 ist schnell erläutert (auch wenn die Ausformulierung der Vorschrift die Frage offen lässt, worauf sich „ausschließlich“ bezieht, auf „auch dann“, auf den Typus der gehaltenen Anteile oder auf „hält und verwaltet“) und von großer praktischer Bedeutung für all jene Körperschaften, die ihre zweckbetriebliche Tätigkeit auf eine Tochtergesellschaft auslagern wollen. Insbesondere Vereine mit stark gewachsener zweckbetrieblicher Aktivität stehen bei ehrenamtlichen Vorstandsstrukturen unter Druck, einerseits möglichst viel an Aktivität auszulagern, andererseits den gewachsenen Vereinszusammenhang zu erhalten. Bisher hat dies zu mehr oder weniger krampfhaften Versuchen geführt, nach Auslagerung der wesentlichen Aktivitäten die Gemeinnützigkeit des Vereins durch Restaktivitäten aufrecht zu erhalten, für die innerhalb der gegebenen Vereinsstruktur aber kaum mehr Verantwortlichkeiten organisierbar waren. Mit der Änderung durch das Jahressteuergesetz 2020 kann der Verein unter Beibehaltung seiner Zwecke durch das reine Halten und Verwalten der Geschäftsanteile an seiner Tochtergesellschaft, die die gleichen Zwecke verfolgt, seine gemeinnützigen Zwecke unmittelbar verfolgen.

Die Neuregelung nach Absatz 3 ist komplizierter, weil hier ein gesellschaftsrechtlicher Zusammenhang nicht zwingend vorgesehen ist: hier soll nun „durch planmäßiges Zusammenwirken“ zwischen Körperschaften, die Gemeinnützigkeit der einen der anderen vermittelt werden können. Der Finanzausschuss in seiner Erläuterung hierzu: „Wenn mehrere Körperschaften, die außer dem Unmittelbarkeitsgrundsatz alle Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 AO erfüllen, satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken einen gemeinnützigen Zweck verfolgen, dann ist das Kriterium der Unmittelbarkeit für alle beteiligten Körperschaften erfüllt.“

Das in der Gesetzesbegründung formulierte Beispiel ist im Grundgedanken zwar spekulativ, aber leicht nachvollziehbar: Ein Krankenhaus gliedert die Wäscherei auf eine Wäschereitochtergesellschaft aus. Die Wäschereigesellschaft handelt (wenn sie die übrigen satzungsmäßigen Voraussetzungen erfüllt) nach der Neuregelung steuerbegünstigt, soweit sie für das Krankenhaus tätig bleibt, „weil die innerorganisatorischen Abläufe, Strukturen und Verbindungen unter den Beteiligten vor und nach der Ausgliederung im Wesentlichen identisch sind. Die zuvor zum Zweckbetrieb gehörende Betätigung (Wäscherei) wird lediglich auf einen anderen Rechtsträger verschoben. (…) Erbringt die ausgegliederte Wäscherei-GmbH hingegen Wäschereidienstleistung an Dritte, begründet sie damit einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne des § 64 AO.“

Problem der Gesetzesformulierung ist, dass ein gesellschaftsrechtlicher Zusammenhang zwischen den beiden Körperschaften (wie im Krankenhausbeispiel z.B. Mutter-Tochter-Gesellschaft) nicht gegeben sein muss. Ob die Regelung auch dahingehend auszulegen ist, dass steuerbegünstigte Körperschaften nun im Rahmen ihres Zweckbetriebs andere steuerbegünstigte Körperschaften verwalten können und ob dieses Verwalten bereits als „planmäßiges Zusammenwirken“ anzusehen ist, lässt sich anhand der Gesetzesformulierung oder der Begründung nicht erkennen. Hier wird mit Nachschärfungen zu rechnen sein.

Dies ist vor allem deshalb erforderlich, weil es in der Gesetzesbegründung zum neuen § 57 (4) AO heißt: „Soweit die Holdinggesellschaft entgeltliche Leistungen gegenüber den Kapitalgesellschaften ausführt, an denen sie beteiligt ist, beurteilen sich diese nach den allgemeinen Regelungen.“ Mit anderen Worten: wenn die ausgegliederte Wäschereitochtergesellschaft für das Krankenhaus entgeltliche Wäschereileistungen erbringt, tut sie dies im Rahmen eines steuerbegünstigten Zweckbetriebs. Wenn aber die Holdinggesellschaft Buchhaltungsleistungen für die Wäschereitochtergesellschaft erbringt, erzielt sie Entgelte im Rahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, auch wenn sich hier gegenüber dem Zustand vor Ausgliederung „die innerorganisatorischen Abläufe, Strukturen und Verbindungen unter den Beteiligten“ nicht wesentlich geändert haben werden. Auch hier wird es weitere Klarstellungen geben müssen.

(9) Mittelüberträge: § 58 Nr. 1 und 2 AO / Artikel 27

Die Möglichkeit des Mittelübertrags von einer steuerbegünstigten Körperschaft auf eine andere steuerbegünstigte Körperschaft im Inland oder auf eine andere Körperschaft im Ausland ist in § 58 AO geregelt.

Bisher galt:

Förderkörperschaften konnten ihre Mittel vollständig auf eine steuerbegünstigte Körperschaft im Inland oder auf eine sonstige Körperschaft im Ausland übertragen, wenn diese dieselben Zwecke erfüllten wie die übertragende Körperschaft und wenn sich die Eigenschaft als Förderkörperschaft eindeutig aus der Satzung ergab (§ 58 Nr. 1 AO).

Nach § 58 Nr. 2 AO (alte Fassung) galt zudem, dass die steuerbegünstigte Körperschaft ihre Mittel teilweise auf eine andere inländische steuerbegünstigte Körperschaft übertragen konnte, unabhängig vom Zweck der empfangenden Körperschaft. „Teilweise“ wurde durch die Finanzverwaltung mit „nicht mehr als die Hälfte“ interpretiert.

Mit dem Jahressteuergesetz 2020 wird die Nummer 2 aufgehoben und Nummer 1 lautet nun folgendermaßen:

„Die Steuervergünstigung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass

1. eine Körperschaft einer anderen Körperschaft oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts Mittel für die Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke zuwendet. Mittel sind sämtliche Vermögenswerte der Körperschaft. Die Zuwendung von Mitteln an eine beschränkt oder unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft des privaten Rechts setzt voraus, dass diese selbst steuerbegünstigt ist. Beabsichtigt die Körperschaft, als einzige Art der Zweckverwirklichung Mittel anderen Körperschaften oder juristischen Personen des öffentlichen Rechts zuzuwenden, ist die Mittelweitergabe als Art der Zweckverwirklichung in der Satzung zu benennen“.

Der Wegfall der 50%-Grenze der bisherigen Nummer 2 ist eine Erleichterung für viele steuerbegünstigte Körperschaften. Allerdings – und dies wird die Glaubwürdigkeit gemeinnütziger Körperschaften in der Öffentlichkeit tendenziell belasten – höhlt die Neuregelung die Grundlinie des § 55 (1) Nr. 1 AO („Mittel der Körperschaft dürfen nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden.“) weitgehend aus:

Die steuerbegünstigte Körperschaft darf nun fast all ihre Mittel auf eine andere steuerbegünstigte Körperschaft übertragen, auch wenn diese völlig andere Zwecke verfolgt, vorausgesetzt, die übertragende Körperschaft ist noch in einem erkennbaren Maße im Sinne ihrer Satzungszwecke selbst tätig.

Die bereits durch die bisherige Regelung gegebene zivilrechtliche Problematik weitet sich so mit der Neuregelung aus: Spender können nicht sicher sein, dass ihre Spende für den Zweck verwendet werden, für den sie gespendet haben, es sei denn, sie haben die Spende explizit an einen Verwendungszweck gebunden oder beharren auf die in der Zuwendungsbestätigung enthaltene Erklärung des Spendenempfängers, dass er die erhaltenen Mittel ausschließlich für bestimmte satzungsmäßige Zwecke verwenden wird.

Und Vorstände müssen mit Blick auf die Vereinsmitglieder beachten, dass die Erleichterung in der Mittelweitergabe allein steuerrechtlicher Natur ist, nicht aber zivilrechtlicher Natur. Zivilrechtlich – und dies ist für die persönliche Haftung des Vorstands im Hinblick auf die Verwendung der Vereinsmittel von Bedeutung – gilt natürlich nach wie vor, dass die Mittel nur für die eigenen Satzungszwecke zu verwenden sind, und dies insbesondere, so lange diese Festlegung laut Mustersatzung notwendiger Bestandteil der Satzungen steuerbegünstigter Körperschaften ist.

Die Formulierung in der neuen Nummer 1 des § 58 Nr. 1 AO, nach der „die Zuwendung von Mitteln an eine beschränkt oder unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft des privaten Rechts“ voraussetzt, dass diese selbst steuerbegünstigt ist, bringt neue Schwierigkeiten:

Der Mittelübertrag an eine nicht steuerbegünstigte sonstige Körperschaft im Ausland ist nach Satz 4 der neuen Nummer 1 möglich. Sobald diese ausländische Körperschaft aber in Deutschland Einkünfte erzielt (z.B. durch Vermietung einer Immobilie) und damit zur im Inland beschränkt steuerpflichtigen Körperschaft wird, muss sie als ausländische Körperschaft steuerbegünstigt sein.

Dies ist bislang nur für Körperschaften mit Sitz in einem der Mitgliedstaaten der EU geregelt (§ 5 (2) Nr. 2 KStG), nicht aber für Körperschaften mit Sitz außerhalb der EU. Auch hier wird im Gesetzestext nachgebessert werden müssen, weil ansonsten für die mittelübertragende nicht absehbare Risiken entstehen, da sie nicht wissen kann, ob die Körperschaft, an die sie Mittel überträgt im Laufe des Geschäftsjahrs, in dem die Mittel übertragen werden, im Inland beschränkt steuerpflichtig wird oder bereits ist.

Laut Begründung des Finanzausschusses beinhaltet der Mittelbegriff des § 58 Nr. 1 AO auch „die unentgeltliche oder verbilligte Nutzungsüberlassung oder unentgeltliche oder verbilligte Erbringung einer Dienstleistung“.

Die Mittelweitergabe ist auch nach der Neufassung des § 58 Nr. 1 AO für sich gesehen kein steuerbegünstigter Zweck, sondern immer nur Form der Zweckverfolgung eines in der Satzung notwendigerweise genannten, im Sinne des §§ 52 bis 54 AO steuerbegünstigten Zwecks.

(10) Vertrauensschutz bei Mittelübertragungen: § 58a AO / Artikel 27

Mit Einführung des neuen § 58a AO schafft das Jahressteuergesetz 2020 Vertrauensschutz für steuerbegünstigte Körperschaften, die Mittel auf andere steuerbegünstigte Körperschaften übertragen haben:

„(1) Wendet eine steuerbegünstigte Körperschaft Mittel einer anderen Körperschaft zu, darf sie unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 darauf vertrauen, dass die empfangende Körperschaft

  1. nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes im Zeitpunkt der Zuwendung steuerbegünstigt ist und
  2. die Zuwendung für steuerbegünstigte Zwecke verwendet.

(2) Das Vertrauen der zuwendenden Körperschaft nach Absatz 1 ist nur schutzwürdig, wenn sich die zuwendende Körperschaft zum Zeitpunkt der Zuwendung die Steuerbegünstigung der empfangenden Körperschaft nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes hat nachweisen lassen durch eine Ausfertigung

  1. der Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid, deren Datum nicht länger als fünf Jahre zurückliegt oder
  2. des Freistellungsbescheids, dessen Datum nicht länger als fünf Jahre zurückliegt oder
  3. des Bescheids über die Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a Absatz 1, dessen Datum nicht länger als drei Jahre zurückliegt, wenn der empfangenden Körperschaft bisher kein Freistellungsbescheid oder keine Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid erteilt wurde.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn

  1. der zuwendenden Körperschaft die Unrichtigkeit eines Verwaltungsakts nach Absatz 2 bekannt ist oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war oder
  2. die zuwendende Körperschaft eine Verwendung für nicht steuerbegünstigte Zwecke durch die empfangende Körperschaft veranlasst hat.“

Die Gewährung von Vertrauensschutz war zwar schon vor der Gesetzesänderung Verwaltungspraxis, allerdings ohne spezifische gesetzliche Grundlage und immer wieder auch Gegenstand komplizierter Diskussionen. Dieser Mangel ist nun behoben.

(11) Feststellungsbescheid zur Satzung: § 60a (6) AO / Artikel 27

Bei Gründung steuerbegünstigter Körperschaften bestätigt das Finanzamt auf Antrag durch Feststellungsbescheid gemäß § 60a AO die Übereinstimmung der Satzung der betroffenen Körperschaft mit den Anforderungen der Abgabenordnung an die Satzung steuerbegünstigter Körperschaften. Der Feststellungsbescheid dient als Anerkennung des Gemeinnützigkeitsstatus bevor die betroffene Körperschaft mit Blick auf ihre tatsächliche Geschäftsführung im Vorjahr einen Freistellungsbescheid erhalten kann.

Mit dem Jahressteuergesetz 2020 wurde dem § 60a AO ein neuer Absatz 6 angefügt und damit eine bisher gegebene gesetzgeberische Lücke geschlossen:

„(6) Liegen bis zum Zeitpunkt des Erlasses des erstmaligen Körperschaftsteuerbescheids oder Freistellungsbescheids bereits Erkenntnisse vor, dass die tatsächliche Geschäftsführung gegen die satzungsmäßigen Voraussetzungen verstößt, ist die Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 abzulehnen. Satz 1 gilt entsprechend für die Aufhebung bestehender Feststellungen nach § 60a.“

Mit der Änderung in § 60a AO kann Körperschaften, die bisher nur über einen Feststellungsbescheid zur Satzung verfügen, bereits vor und unabhängig von der Erstellung eines Körperschaftsteuerbescheids die zunächst zuerkannte Steuerbegünstigung wieder entzogen werden.

(12) Zuwendungsempfängerregister: § 60b AO / Artikel 28

Neu eingeführt wird durch das Jahressteuergesetz 2020 der § 60b AO. Die Vorschrift tritt zum 01.01.2024 in Kraft. Mit ihr wird ein „Zuwendungsempfängerregister“ etabliert, in dem all die Körperschaften geführt werden, die vom jeweils zuständigen Finanzamt als steuerbegünstigte Körperschaft (§§ 51 bis 68 AO) oder als politische Parteien bzw. unabhängige Wählvereinigungen anerkannt sind:

„(1) Das Bundeszentralamt für Steuern führt ein Register, in dem Körperschaften geführt werden, die die Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 oder des § 34g des Einkommensteuergesetzes erfüllen (Zuwendungsempfängerregister).

(2) Im Zuwendungsempfängerregister speichert das Bundeszentralamt für Steuern zu Zwecken des Sonderausgabenabzugs nach § 10b des Einkommensteuergesetzes zu Körperschaften, die die Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 erfüllen, folgende Daten:

  1. Wirtschafts-Identifikationsnummer der Körperschaft,
  2. Name der Körperschaft,
  3. Anschrift der Körperschaft,
  4. steuerbegünstigte Zwecke der Körperschaft,
  5. das für die Festsetzung der Körperschaftsteuer der Körperschaft zuständige Finanzamt,
  6. Datum der Erteilung des letzten Freistellungsbescheides oder Feststellungsbescheides nach § 60a,
  7. Bankverbindung der Körperschaft.

(3) Das für die Festsetzung der Körperschaftsteuer der Körperschaft zuständige Finanzamt übermittelt dem Bundeszentralamt für Steuern die Daten nach Absatz 2 sowie unverzüglich jede Änderung dieser Daten.

(4) Das Bundeszentralamt für Steuern ist befugt, die Daten nach Absatz 2 Dritten zu offenbaren. § 30 steht dem nicht entgegen.“

(13) Zuwendungsempfängerregister: § 5 Finanzverwaltungsgesetz / Artikel 21

Das Zuwendungsempfängerregister soll beim Bundeszentralamt für Steuern geführt werden. Entsprechend wurde § 5 des Finanzverwaltungsgesetzes geändert, in dem die Aufgaben des Bundeszentralamts für Steuern geregelt sind. Der Vorschrift wurde eine neue Nummer 47 hinzugefügt, die ab 01.01.2024 gelten soll und folgenden Wortlaut hat:

„Das Bundeszentralamt für Steuern hat (…) folgende Aufgaben:

1. (…)

47. a) die zentrale Sammlung der von den Finanzbehörden der Länder nach § 60b der Abgabenordnung übermittelten Daten zu nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes steuerbefreiten Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen (Zuwendungsempfängerregister) sowie die Erteilung von Auskünften daraus im Wege einer elektronischen Abfrage durch die Finanzbehörden der Länder und durch Dritte,

b) die Feststellung, ob Körperschaften ohne Sitz im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die nachweislich Zuwendungen von Spendern mit Wohnsitz, Aufenthalt oder Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes erhalten haben, für Zwecke des § 50 Absatz 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung, die Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 der Abgabenordnung erfüllen,

c) die über Buchstabe a hinausgehende Aufnahme eines Zuwendungsempfängers im Sinne des § 10b Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 3 des Einkommensteuergesetzes auf Antrag des Zuwendungsempfängers in das Zuwendungsempfängerregister, wenn der Zuwendungsempfänger unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke im Sinne der §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung verwirklicht und die Voraussetzungen des § 51 der Abgabenordnung und des § 10b Absatz 1 Satz 3 bis 6 des Einkommensteuergesetzes erfüllt sowie die Aufnahme eines Zuwendungsempfängers im Sinne des § 34g des Einkommensteuergesetzes, wenn der Zuwendungsempfänger die Voraussetzungen des § 34g des Einkommensteuergesetzes erfüllt,

d) der Abgleich der in den Verfassungsschutzberichten des Bundes und der Länder als „extremistisch“ eingestuften Organisationen mit den im Zuwendungsempfängerregister aufgeführten Körperschaften auf die Voraussetzungen des § 51 Absatz 3 der Abgabenordnung und die Mitteilung des Ergebnisses der Prüfung an die zuständige Landesfinanzbehörde,

e) die Bereitstellung für Zwecke des Sonderausgabenabzugs nach § 10b des Einkommensteuergesetzes von Name, Anschrift, Wirtschaftsidentifikationsnummer, satzungsgemäßen Zwecken nach § 52 Absatz 2 der Abgabenordnung, zuständigem Finanzamt, Datum des Freistellungsbescheides, Bankverbindung sowie Datum der gesonderten Feststellung der satzungsmäßigen Gemeinnützigkeit nach § 60a der Abgabenordnung als automatisiert abrufbare Merkmale der im Zuwendungsempfängerregister geführten Körperschaften, Personenvereinigungen, Vermögensmassen, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlichen Dienststellen für die Finanzbehörden der Länder und für Dritte,

f) die Entgegennahme und Weiterleitung von Änderungsanträgen zum Registerinhalt einer im Zuwendungsempfängerregister geführten Körperschaft, Personenvereinigung, Vermögensmasse, juristischen Person des öffentlichen Rechts oder öffentlichen Dienststelle an die zuständige Finanzbehörde.“

In seiner Begründung für die neue Regelung verweist der Finanzausschuss zunächst darauf, dass das Zuwendungsempfängerregister für Spender/innen Rechtssicherheit und Transparenz schaffe, weil es helfe, die Körperschaft zu identifizieren, für die sie sich „finanziell oder personell engagieren möchten“.

Aber die Einführung des Registers ist auch unter dem Aspekt der Digitalisierung der Finanzverwaltung insgesamt zu sehen: Spendenbescheinigungen sollen künftig „digital abgewickelt werden können“, das Register sei damit auch ein Baustein für die vorausgefüllte Steuererklärung.

Mit der neuen Zuständigkeitsregelung für die gemeinnützigkeitsrechtliche Überprüfung von Körperschaften, die ihren Sitz nicht im Inland haben, wird das Bundeszentralamt zur zentralen Instanz für Beurteilungen, die bisher jedes einzelne Finanzamt gesondert vorzunehmen hatte. Der damit erreichte „bundeseinheitliche Verwaltungsvollzug“ könnte mittelfristig helfen, die sachkundige Handhabung grenzüberschreitender Vorgänge im gemeinnützigkeitsrechtlichen Zusammenhang zu gewährleisten. Allerdings ist dies auch eine Frage der inhaltlichen Ausrichtung des Amtes. Restriktiv eingestellten Zentralämtern ist schwer auszuweichen. Gerade mit Blick auf europäische Initiativen kann die Zentraleinrichtung auch Blockade sein.

(14) Steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, Freigrenze: § 64 (3) AO / Artikel 27

Steuerbegünstigte Körperschaften können steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe unterhalten, für die die Steuerbegünstigung nicht gilt. Allerdings führt nicht jede der Art nach körperschaft- und gewerbesteuerpflichtige Aktivität tatsächlich zur Besteuerung. Die bisher geltende Freigrenze von 35.000 Euro ist mit dem Jahressteuergesetz 2020 auf 45.000 Euro erhöht worden. § 64 (3) AO lautet nunmehr:

„(3) Übersteigen die Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, die keine Zweckbetriebe sind, insgesamt nicht 45 000 Euro im Jahr, so unterliegen die diesen Geschäftsbetrieben zuzuordnenden Besteuerungsgrundlagen nicht der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer.“

(15) Einzelne Zweckbetriebe: § 68 AO / Artikel 27

Zweckbetriebe sind steuerbegünstigte wirtschaftliche Geschäftsbetriebe. Sie sind in den §§ 65 bis 68 AO geregelt. § 68 AO ist mit „Einzelne Zweckbetriebe“ überschrieben und listet nach der Einleitungsformel „Zweckbetriebe sind auch“ unter 9 Einzelnummern zweckbetriebliche Aktivitäten auf, für die die Wettbewerbsklausel des § 65 AO im Wesentlichen nicht gilt.

In diese Reihe hat nun das Jahressteuergesetz 2020 „Einrichtungen zur Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen“ unter Nr. 1 Buchstabe c) neu eingefügt. Eher unsystematisch, aber von großer Bedeutung ist der Nachsatz: „Die Voraussetzungen des § 66 Absatz 2 sind zu berücksichtigen“. Damit unterliegt dieser Zweckbetrieb der in den letzten Jahren im Anschluss an zwei unglückliche BFH-Urteile zu den Rettungsdiensten aufgekommenen Debatte um Gewinnbeschränkungen im Bereich der Einrichtungen der Wohlfahrtspflege (§ 66 AO).

Unter Nummer 4 werden den Einrichtungen, die zur Durchführung der Fürsorge für blinde Menschen und zur Durchführung der Fürsorge für körperbehinderte Menschen unterhalten werden, nun auch die Einrichtungen „zur Durchführung der Fürsorge für psychische und seelische Erkrankungen beziehungsweise Behinderungen“ steuerlich gleichgestellt.

3. Sonstige Änderungen

(1) Einkommensteuerfreie Einnahmen: § 3 Nr. 19 EStG / Artikel 1

3 EStG stellt eine Reihe von Einnahmearten bzw. Sachleistungen von der Einkommensteuer frei. Nummer 19 des § 3 EStG ist neu formuliert und stellt nun auch bestimmte Beratungsleistungen des Arbeitgebers von der Einkommensteuer frei:

„19. Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten

a) für Maßnahmen nach § 82 Absatz 1 und 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder
b) die der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers dienen.
Steuerfrei sind auch Beratungsleistungen des Arbeitgebers oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten zur beruflichen Neuorientierung bei Beendigung des Dienstverhältnisses. Die Leistungen im Sinne der Sätze 1 und 2 dürfen keinen überwiegenden Belohnungscharakter haben;“.

(2) Häuslicher Arbeitsplatz: § 4 (5) EStG / Artikel 1

In § 4 EStG, der den steuerlichen Gewinnbegriff definiert, wird in Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b ein neuer Satz 4 eingefügt, der einen pauschalen Steuerabzug für die Nutzung der häuslichen Wohnung für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen gewährt:

„Liegt kein häusliches Arbeitszimmer vor oder wird auf einen Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nach den Sätzen 2 und 3 verzichtet, kann der Steuerpflichtige für jeden Kalendertag, an dem er seine betriebliche oder berufliche Tätigkeit ausschließlich in der häuslichen Wohnung ausübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene Betätigungsstätte aufsucht, für seine gesamte betriebliche und berufliche Betätigung einen Betrag von 5 Euro abziehen, höchstens 600 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr“.

(3) Freigrenze Sachbezüge: § 8 (2) EStG / Artikel 3

Die in § 8 (2) Satz 11 EStG genannte Freigrenze für Sachbezüge wurde von 44 Euro auf 50 Euro je Kalendermonat erhöht.