GEM aktuell Nr. 30 2021

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FG München: Entzug der Gemeinnützigkeit wegen Einflussnahme auf die politische Willensbildung

Die Debatte um die Einflussnahme gemeinnütziger Körperschaften auf die „politische Willensbildung“ ist nach der Verabschiedung des Jahressteuergesetzes 2020 etwas ruhiger geworden. Die an der Diskussion Beteiligten richten sich auf einen neuerlichen Anlauf im Anschluss an die Bildung einer neuen Bundesregierung ein, um die kommende Legislaturperiode für die allgemein für erforderlich gehaltene gesetzliche (Neu)Regelung zu nutzen. Ohne großen öffentlichen Widerhall wurde in dieser Situation einem Verein durch das zuständige Finanzamt die Steuerbegünstigung verwehrt, weil er sich nach Auffassung des Finanzamts in gemeinnützigkeitsschädlicher Weise in die Debatte um die staatlich verordneten Corona-Schutzmaßnahmen gewandt habe. Das Finanzgericht München hat die Sichtweise des Finanzamts bestätigt. Der BFH hat die Entscheidung inzwischen bestätigt. 

Mit seinem Urteil vom 30.03.2021 entschied das Finanzgericht München (FG München 7 V 2583/20) in dem folgenden Fall:

Einem Verein, der laut Satzung die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege sowie die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens zum Zweck hat,  hatte das Finanzamt zunächst per Bescheid bestätigt, dass er die satzungsmäßigen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit erfüllt.

Mit Blick auf die Tätigkeit des Vereins erließ das Finanzamt jedoch einen Vorauszahlungsbescheid über Körperschaftsteuer, verneinte die Steuerbefreiung und setzte die Vorauszahlung auf 0 Euro fest.

Da die Nichtgewährung der Gemeinnützigkeit mit der Versagung der Berechtigung einhergeht, Spendenbescheinigungen auszustellen, die den steuerlichen Spendenabzug ermöglichen, legte der Verein Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Dies lehnte das Finanzamt ab.

Das Finanzgericht folgte dem Finanzamt. Es vertritt in seinem Urteil die Auffassung, dass der Verein mit seinem Internetauftritt und den dabei artikulierten politischen Forderungen an Bundes- und Landesregierungen „in den politischen Wettstreit um die zutreffende Strategie zur Bekämpfung der Corona-Pandemie“ getreten sei. Dies habe in einer Weise geschehen, die in ihrer Pauschalität als „einseitige Durchsetzung von Gruppeninteressen“ anzusehen sei und nicht der Förderung der Allgemeinheit diene.

Die Tatsache, dass der Verein zum Zeitpunkt der Urteilsbegründung die kritisierten Passagen von seiner Website genommen habe, sei für den konkreten Fall unerheblich, weil gem. § 63 (2) AO die tatsächliche Geschäftsführung während des gesamten Veranlagungszeitraums auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke gerichtet sein müsse, daher „auch eine nur zeitweise gemeinnützigkeitsschädliche Tätigkeit zum Verlust der Steuerbefreiung führt“.

In seinem ausführlichen Urteil lotet das Finanzgericht auf seine eigene Weise die Spielräume politischer Intervention gemeinnütziger Körperschaften aus:

(1) Die „Verfolgung politischer Zwecke“ – so das Gericht – sei nicht „von der Förderung der Allgemeinheit“ erfasst. Und: „Unter Berücksichtigung der Definitionen des PartG gehören (…) weder die Einflussnahme auf die ‚politische Willensbildung‘ (§ 2 Abs. 1 PartG) noch die Einflussnahme auf die ‚Gestaltung der öffentlichen Meinung‘ (§1 Abs. 2 PartG) zur Förderung der Allgemeinheit i.S. von § 52 AO (…).“

(2) Allerdings sei „nicht jede Einflussnahme auf die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung gemeinnützigkeitsrechtlich schädlich“. Soweit die Verfolgung eines gemeinnützigen Zweck „zwangsläufig mit einer gewissen politischen Zielsetzung verbunden“ sei, sei eine solche Einflussnahme nicht gemeinnützigkeitsschädlich. „Denn zur Förderung der Allgemeinheit gehört die kritische öffentliche Information und Diskussion dann, wenn ein nach § 52 Abs. 2 AO begünstigtes Anliegen der Öffentlichkeit und auch Politikern nahegebracht werden soll (…)“.

(3) Dabei steht einer gemeinnützigkeitsrechtlich konformen Einflussnahme nicht entgegen, wenn die gemeinnützige Körperschaft Minderheitsmeinungen vertritt, denn die Zielsetzung des Gemeinnützigkeitsrechts sei nicht „allein die Mehrheitsmeinung (…) zu fördern“.

(4) „Im Übrigen“ – so das Gericht weiter – sei „rechtlich unklar, ob und in welchem Umfang Recherche, Erarbeitung und Verbreitung von wissenschaftlichen Informationen in objektiver und sachlich fundierter wissenschaftlicher Art und Weise erfolgen müssen, um eine gemeinnützige Tätigkeit zu belegen.“

(5) Gegen eine gemeinnützigkeitsrechtlich konforme Einflussnahme spricht nach Ansicht des Gerichts allerdings der Versuch einer einseitigen „Durchsetzung von Gruppeninteressen“.

(6) Je weiter das Gericht allerdings in die inhaltliche Abgrenzung geht, umso deutlicher wird die Schwierigkeit, eine solche Abgrenzung vorzunehmen: „Eine sachliche Kritik an aktuellen politischen Maßnahmen wäre zwar unbedenklich, nicht aber die gleichzeitige Forderung von Gegenmaßnahmen, welche eine ergebnisoffene, gemeinwohlorientierte Lösung nicht zulassen, wie z.B. die Forderung der völligen Abschaffung der Maskenpflicht.“

Auch in der Aufforderung an die Eltern, gegebenenfalls Rechtsmittel einzulegen, sieht das Gericht eine Überschreitung der „Grenze der Gemeinnützigkeit“, da die Befürwortung von Rechtsstreitigkeiten lediglich dazu diene „einseitig Minderheitsinteressen durchzusetzen“.

In seinen Aufrufen werde durch den Verein insgesamt „kein gemeinwohlorientierter Ansatz verfolgt, der auch die Sinnhaftigkeit von Maßnahmen zur Eindämmung des Virus hinsichtlich seines Übertragungswegs über Aerosole in Erwägung zieht“.

(7) Auch die laut Satzung des Vereins bezweckte allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens (§ 52 (2) Satz 1 Nr. 24 AO) sei durch die tatsächliche Geschäftsführung des Vereins nicht verfolgt worden, „denn der Einsatz für Demokratie und Freiheit war nicht auf die objektive und neutrale Vermittlung der Werte des deutschen Staatswesens gerichtet, sondern zielte auf die auf konkrete Pandemie-Maßnahmen ab, wobei deren freiheitsbeschränkende Wirkung und undemokratisches Zustandekommen thematisiert wurden. Insoweit wurden die Grenzen der Gemeinnützigkeit überschritten, da gezielt auf die politische Willensbildung Einfluss genommen werden sollte sowie die Diskussion politischer Fragestellungen nicht ‚in geistiger Offenheit‘ angestrebt wurde (…)“.

(8) Zusammenfassend führt das Gericht an: „Gemäß § 52 AO ist nur das gemeinnützig, was in § 52 Abs. 2 AO als steuerbegünstigt benannt ist. Ein von den Voraussetzungen dieser Vorschrift unabhängiges Teilhaberecht besteht im Rahmen der steuerrechtlichen Gemeinnützigkeit nicht und lässt sich auch nicht über eine erweiternde Auslegung des Begriffs der politischen Bildung begründen.“

Und: „Es besteht keine Pflicht des Staates zur Vereinsförderung durch Subventionen oder steuerrechtliche Gemeinnützigkeitsprivilegien (…).“

Das Urteil ist gespickt mit Verweisen auf die BFH-Rechtsprechung der letzten Jahre. Der Vor-sitzende Richter am Finanzgericht kommentiert das Urteil dann auch folgerichtig als durch die BFH-Rechtsprechung gedeckt (EFG 2021, Seite 921 ff). Dennoch hat das Gericht die Beschwerde beim BFH zugelassen (dort unter V B 25/21). In der kürzlich veröffentlichten Entscheidung (BFH V B 25/21 (ADV)) hat der BFH die Entscheidung des FG bestätigt.

Im Zusammenhang mit der Urteilsrezeption in gemeinnützigkeitsrechtlichen Fachkreisen fällt auf, dass die von Attac über Compact zu VVN und DemoZ etc. allgemein kritische Wahrnehmung der Rechtsprechung oder auch nur die breite Information der Öffentlichkeit über den Fall ausgeblieben ist.

BFH: Zur allgemeinpolitischen Betätigung im Rahmen eines steuerbegünstigten Zwecks

Mit Urteil vom 30.03.2021 bestätigte das Finanzgericht München (FG München 7 V 2583/20) die Versagung der Gemeinnützigkeit für einen Verein, der  laut Satzung neben der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege auch die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens verfolgt. Die Beschwerde des Vereins wies der BFH als unbegründet zurück.

In seinem Beschluss vom 18.08.2021 (BFH V B 25/21 (ADV)) teilt der BFH insgesamt die Einschätzung des Finanzgerichts und grenzt dabei den Gegenstand seiner Betrachtung bereits in den Leitsätzen sein:

„Der Steuerbegünstigung steht es nicht entgegen, wenn eine nach § 52 Abs. 2 AO begünstigte Tätigkeit im Einzelfall zwangsläufig mit einer gewissen politischen Zielsetzung verbunden ist. Die allgemeinpolitische Betätigung im Rahmen des steuerbegünstigten Zwecks darf aber nicht über das hinausgehen, was das Eintreten für diesen jeweiligen Zweck und dessen Verwirklichung erfordert.“

Damit wird bereits deutlich, worum es dem BFH in seinem Beschluss nicht geht: Die Frage, ob gemeinnützige Körperschaften an der politischen Willensbildung überhaupt teilhaben dürfen, stellt sich dem BFH mit Blick auf die bereits erfolgte umfangreiche Rechtsprechung des BFH zu diesem Themenkomplex nicht.

Der Verein (es handelt sich nach eigener Darstellung des Vereins wohl um den Verein „Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie e.V.“) hatte Klage erhoben, weil er seiner Ansicht nach die Kriterien der Gemeinnützigkeit erfüllt. Er erarbeite und verbreite wissenschaftliche Informationen und verfolge weder einen politischen Zweck, noch unterstütze er eine politische Partei oder veranstalte Demonstrationen und sei insgesamt nicht aktivistisch tätig. Er verfolge keine Gruppeninteressen, sondern fördere die Allgemeinheit.

Das Finanzamt war der Meinung, es ginge dem Verein „vorrangig um die politische Beeinflussung der Bevölkerung und um die Politik im Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen“.

Der BFH wie die Beschwerde des Vereins zurück. Zwar gehöre zur Förderung der Allgemeinheit „auch die kritische öffentliche Information und Diskussion“, dies aber nur „wenn die unmittelbare Einwirkung auf die politischen Parteien und die staatliche Willensbildung gegenüber der Förderung des steuerbegünstigten Zwecks in den Hintergrund tritt“.

Zwar dürfe eine gemeinnützige Körperschaft „die von ihr verfolgten Zwecke auch einseitig vertreten“, allerdings habe der Verein „die Grenzen einer zur Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens i.S. von § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO zulässigen Betätigung“ überschritten.

Den im Zusammenhang mit der Förderung der politischen Bildung und des demokratischen Staatswesens geprägten Begriff der „geistigen Offenheit“ will der BFH im Unterschied zum Finanzgericht München im Zusammenhang mit der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens dabei nicht heranziehen. Vielmehr habe der Verein mit seinen öffentlichen Interventionen „die Grenzen dessen überschritten, was zur Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens mit einer gewissen politischen Zielsetzung verbunden ist“.

Als Beispiel nennt der BFH die undifferenzierte Forderung des Vereins nach sofortiger Aufhebung aller zur Bekämpfung der Corona-Pandemie verhängten Maßnahmen und das auf der Website des Vereins in diesem Zusammenhang zeitweise zitierte Widerstandsrecht nach Art.20 Abs. 4 GG. Die Äußerungen des Vereinsvorsitzenden, „andere Mächte“ seien im Spiel und die WHO abhängig von „Milliardären“, müsse der Verein sich zurechnen lassen, weil „nach summarischer Prüfung“ nicht ersichtlich sei, dass der Verein „dieses Verhalten trotz seiner Kenntnis davon unterbunden hat“.

Die „geistige Offenheit“ kommt für den BFH dann doch noch ins Spiel, wenn er darstellt, dass das Auftreten und Verhalten des Vereins auch nicht der Förderung des demokratischen Staatswesens diene: „Es erfolgt keine umfassende Befassung mit den demokratischen Grundprinzipien unter objektiver und neutraler Würdigung. Vielmehr zielt (…) die Tätigkeit des Antragstellers auf konkrete Pandemie-Maßnahmen, wobei deren freiheitsbeschränkende Wirkung und undemokratisches Zustandekommen thematisiert werden. Insoweit will der Antragsteller gezielt auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen und diskutiert politische Fragen nicht – wie § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 24 AO mit seiner dort gebotenen Objektivität und Neutralität voraussetzt – in geistiger Offenheit.“

Die Versagung der Gemeinnützigkeit sei nicht unverhältnismäßig, da „der Verstoß der tatsächlichen Geschäftsführung gegen die Satzung (…) bei summarischer Prüfung nicht nur geringfügig“ sei.

Zur Darstellung des Vereins, er verbreite wissenschaftliche Erkenntnisse und Informationen, sei zwar anzuerkennen, dass eine solche Verbreitung „zwangsläufig mit einer gewissen politischen Zielsetzung verbunden“ sei. Auch sei im Bereich der Steuervergünstigung die grundgesetzlich garantierte Wissenschaftsfreiheit zu beachten. Allerdings sei diese „nicht grenzenlos“:

„Wegen der prinzipiellen Unvollständigkeit und Unabgeschlossenheit der Wissenschaft ist ein Werk dem Bereich der Wissenschaft erst dann entzogen, wenn es den Anspruch von Wissenschaftlichkeit nicht nur im Einzelnen oder nach der Definition bestimmter Schulen, sondern systematisch verfehlt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn es nicht auf Wahrheitserkenntnis gerichtet ist, sondern vorgefassten Meinungen oder Ergebnissen lediglich den Anschein wissenschaftlicher Gewinnung oder Nachweisbarkeit verleiht. Dafür kann die systematische Ausblendung von Fakten, Quellen, Ansichten und Ergebnissen, die die Auffassung des Autors in Frage stellen, ein Indiz sein. Auf die subjektive Beurteilung desjenigen, der das Grundrecht für sich in Anspruch nimmt, kommt es nicht an (…).“

Die Argumentation des BFH greift sehr weit und kann dennoch nicht überdecken, dass die Behandlung des Falls von der aktuellen öffentlichen Diskussion um „Querdenker“ und Verschwörungsideologen nicht unbeeinflusst ist. Die ansonsten im Zusammenhang mit der Aberkennung oder Versagung von Gemeinnützigkeit eher nervöse zivilgesellschaftliche Debatte, hat diesen Fall bisher nur bedeckt aufgenommen. Es wird erforderlich sein, das besprochene BFH-Urteil in die im kommenden Jahr sicherlich neu aufflammende Debatte um Klarstellung der politischen Handlungsspielräume gemeinnütziger Körperschaften kritisch einzubeziehen.

BMF: Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung wegen gemeinnützigkeitsrechtlicher Änderungen im Jahressteuergesetz 2020

Mit dem Jahressteuergesetz 2020 sind wichtige Regelungen des Gemeinnützigkeitsrechts neu gefasst worden. Nicht zuletzt wegen des parlamentarisch unzureichenden Verfahrens – die Neuregelungen waren in der Endphase des Gesetzgebungsverfahrens durch den Finanzausschuss in das Jahressteuergesetz formuliert worden – lässt der Gesetzeswortlaut viele Fragen offen. Mit Schreiben vom 06.08.2021 (IV C 4 – O 1000/19/10474) hat das Bundesfinanzministerium versucht, in einzelnen Punkten Klarheit zu schaffen.

Zeitnahe Mittelverwendung:

Mit der Ergänzung des § 55 (1) Nr. 5 AO sind gemeinnützige Körperschaften, deren Einnahmen im Geschäftsjahr 45.000 Euro nicht überschreiten, von der Verpflichtung zur zeitnahen Mittelverwendung ausgenommen. Der neue Anwendungserlass (AEAO) stellt nun klar,

  • dass es bei der Neuregelung auf den Zufluss der Mittel ankommt
  • dass zu den zu betrachtenden Mitteln auch solche gehören, die als Zuwendungen nach dem Willen des Geldgebers dem Vermögen der Körperschaft zugeführt werden sollen
  • dass die generelle Verpflichtung zur Verwendung der Mittel zu satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecken der Körperschaft bestehen bleibt
  • dass es für die Mittel, die in einem Jahr des Unterschreitens der Grenze zufließen, bei der Herausnahme dieser Mittel aus dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung auch für die Folgezeiträume bleibt, in denen die Grenze überschritten wird.

Unmittelbarkeit

Dem bisherigen § 57 AO (Unmittelbarkeit) wurden mit dem Jahressteuergesetz zwei Absätze hinzugefügt.

Der neue Absatz 3 lautet:  „Eine Körperschaft verfolgt ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn sie satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren Körperschaft, die im Übrigen die Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 erfüllt, einen steuerbegünstigten Zweck verwirklicht. Die §§ 14 sowie 65 bis 68 sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass für das Vorliegen der Eigenschaft als Zweckbetrieb bei der jeweiligen Körperschaft die Tätigkeiten der nach Satz 1 zusammenwirkenden Körperschaften zusammenzufassen sind.“

Planmäßiges Zusammenwirken bedeutet in diesem Zusammenhang laut Anwendungserlass „das gemeinsame, inhaltlich aufeinander abgestimmte und koordinierte Wirken von zwei oder mehreren steuerbegünstigten Körperschaften, um einen ihrer steuerbegünstigten Satzungszwecke zu verwirklichen“.

Das Zusammenwirken muss in der Satzung als Art der Zweckverwirklichung benannt sein, ebenso „die Körperschaften, mit denen kooperiert wird, und die Art und Weise der Kooperation“.

Die im Zusammenhang mit dem Zusammenwirken zum Einsatz kommenden Wirtschaftsgüter können aus zeitnah zu verwendenden Mitteln finanziert werden, auch soweit sie bei der anderen, kooperierenden Körperschaft eingesetzt werden.

„Beteiligungen an anderen kooperierenden Körperschaften sind dem ideellen Bereich zuzuordnen.“

Der neue Absatz § 57 Absatz 4 AO lautet: „Eine Körperschaft verfolgt ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn sie ausschließlich Anteile an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften hält und verwaltet.“

Das Halten und Verwalten von Anteilen an steuerbegünstigten Körperschaften wird damit zur unmittelbaren Zweckverwirklichung – nicht zum steuerbegünstigten Zweck selbst – der steuerbegünstigten Körperschaft, die die Beteiligung hält. Die Beteiligungsquote selbst ist dabei nicht von Bedeutung.

Einnahmen aus diesen Beteiligungen sind nicht der Vermögensverwaltung zuzurechnen, sondern dem ideellen Bereich.

Die Geschäftsanteile selbst sind bei der beteiligten Gesellschaft nutzungsgebundenes Vermögen und können daher aus zeitnah zu verwendenden Mitteln finanziert werden.

Mittelüberträge

Die Neuregelung des § 58 (1) AO erlaubt auch dann die Übertragung von mehr als 50% der eigenen Mittel an andere steuerbegünstigte Körperschaften, wenn die Förderung anderer steuerbegünstigte Körperschaften nicht als Art der Zweckverwirklichung in der Satzung der übertragenden Körperschaft formuliert ist. Der neue Anwendungserlass stellt in einem Mix aus Neuregelung und Bestätigung der bisherigen Regelungen unter anderem fest:

  •  „Bei der Mittelzuwendung handelt es sich um eine Art der Zweckverwirklichung und nicht um einen eigenständigen steuerbegünstigten Zweck.“
  • Nur wenn die Mittelweitergabe die einzige Form der Zweckverwirklichung darstellt (Förderkörperschaften), muss dies in der Satzung festgelegt sein.
  • Nur bei Förderkörperschaften müssen die Zwecke der übertragenden und der empfangenden Körperschaft identisch sein.
  • „Ausschüttungen und sonstige Zuwendungen“ an Gesellschafter oder Mitglieder sind gemeinnützigkeitsrechtlich unschädlich, wenn diese selbst steuerbegünstigt sind.
  • Die Mittelempfängerkörperschaften müssen die erhaltenen Mittel zeitnah verwenden. Andernfalls liegt eine Mittelfehlverwendung auf deren Seite vor.
  • Allerdings gilt auch, dass übertragene Mittel, die bei der übertragenden Körperschaft bereits nicht der zeitnahen Verwendungspflicht unterliegen (z.B. freie Rücklagen) auch bei der Empfängerkörperschaft nicht der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen.
  • Nutzungsüberlassungen oder die Erbringung von Dienstleistungen an andere steuerbegünstigte Körperschaften in deren steuerbegünstigte Bereiche „sind bei der Geberkörperschaft dem ideellen Bereich bzw. dem Zweckbetrieb zuzuordnen“, wenn sie unentgeltlich oder nur gegen Kostenübernahme erbracht werden. Dies hat für die Geberkörperschaft  zur Folge, dass die dabei eingesetzten Vermögensgegenstände aus zeitnah zu verwendenden Mittel beschafft werden können.
  • Wenn die Nutzungsüberlassungen bzw. Dienstleistungen gegen eine die entstandenen Kosten übersteigende Gegenleistung erbracht, sind sie bei der Geberkörperschaft dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder der Vermögensverwaltung zuzuordnen, mit der Folge, dass die dabei zum Einsatz kommenden Vermögensgegenstände nicht aus zeitnah zu verwendenden Mitteln finanziert werden dürfen.

Betreuung von Flüchtlingen

Neu aufgenommen in den Katalog der „einzelnen Zweckbetriebe“ des § 68 AO wurden durch das Jahressteuergesetz 2020 „Einrichtungen zur Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen“. Der geänderte Anwendungserlass stellt hierzu fest, dass bei solchen Einrichtungen eine Prüfung der Bedürftigkeit von Flüchtlingen nicht erforderlich ist:

„Flüchtlinge zählen regelmäßig aufgrund ihrer psychischen, physischen oder wirtschaftlichen Situation zu dem von § 53 AO erfassten Personenkreis. Eine Prüfung der Voraussetzungen des § 53 AO der Flüchtlinge ist deshalb bei Einrichtung zur Versorgung Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen nicht erforderlich.“

BFH: Enge Zweckbindung von Spenden schließt den steuerlichen Spendenabzug nicht aus

Der Bundesfinanzhof hatte zu entscheiden, ob die Spende an einen Verein, der den Tierschutz fördert, nach § 10b EStG steuerlich abzugsfähig ist, wenn die Spenderin die Spende an die Versorgung eins bestimmten Hundes zweckbindet. Der BFH bejahte die Abzugsfähigkeit im Grundsatz.

In dem zu entscheidenden Fall (BFH X R 37/19 vom 16.03.2021) hatte eine Spenderin (die Klägerin) einem gemeinnützigen Tierschutzverein, für den sie ehrenamtlich tätig war, 5.000 Euro gespendet. Die Spende war zweckgebunden an die Übernahme von Kosten der Unterbringung eines bestimmten Hundes in einer Tierpension, da der Hund als „Problemhund“ als nicht vermittelbar angesehen wurde. Vom Sachverhalt her unklar war, ob die Zahlung des Spendenbetrags zunächst an den Verein ging oder direkt an den Betreiber der Tierpension nach Abschluss eines Versorgungsvertrags zwischen Verein und Tierpension. Der Verein erstellte eine Zuwendungsbestätigung über eine Sachspende.

Das Finanzamt verweigerte den Spendenabzug, eine dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg, weil nach Ansicht von Finanzamt und Finanzgericht

  • die Zahlung nicht in den Verfügungsbereich des Vereins gelangt sei
  • der Verein nur Durchlaufstelle gewesen sei, ohne eigene Entscheidungsmöglichkeit über die Verwendung des Geldbetrags
  • die Zuwendung nicht zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke gegeben worden sei, sondern zur Versorgung eines bestimmten Hundes, der der Spenderin besonders wichtig war und dessen Unterhalt sie gesichert sehen wollte.

Der BFH hob das angefochtene Finanzgerichtsurteil auf:

Die Zweckbestimmung der Spende an die Verwendung zur konkreten Unterstützung eines bestimmten Hundes hindere den Spendenabzug „an sich nicht“. Der Spendenempfänger müsse die Spende nicht annehmen. Zweckbindungen von Spenden seien nicht steuerschädlich „und zwar unabhängig davon, wie konkret der Zweck vorgegeben wird“. Auch bei einer Durchlaufspende z.B. an eine Körperschaft des öffentlichen Rechts stehe eine Zweckbindung der steuerlichen Abzugsfähigkeit nicht entgegen.

Zur Tatsache, dass die Zweckbindung auf die Tatsache zurückzuführen war, dass das konkrete Tier der Spenderin besonders wichtig war, führt der BFH in Bezug auf den „emotionalen Beweggrund“ aus: „Die subjektiven Beweggründe für eine Spende können (…) nicht in Frage stellen, dass die Spendenmotivation im Vordergrund steht.“

Auch die Frage, ob der Geldbetrag zunächst dem Verein zugeflossen war oder ob die Zahlung direkt an den Tierpensionsbetreiber ging, hielt der BFH nicht für entscheidend, weil in beiden Varianten nach Abschluss des Vertrags zwischen Verein und Tierpension die Zahlung des Geldbetrags dem Verein zugeflossen sei, in dem einen Fall direkt, in dem anderen Fall durch Übernahme einer Zahlungsverpflichtung, die der Verein auf Basis einer eigenen Entscheidung eingegangen war.

Bei der Spende handelte es sich nach Auffassung des BFH um eine Geldspende. Dass fehlerhaft eine Zuwendungsbestätigung über eine Sachspende ausgestellt worden war, steht nach Ansicht des Gerichts einem Spendenabzug ebenfalls nicht entgegen, weil in der Zuwendungsbestätigung ansonsten alle für den Spendenabzug entscheidenden Angaben enthalten seien.

Eine endgültige Entscheidung über den Spendenabzug enthält das Urteil nicht. Der Fall wurde an das Finanzgericht zurückverwiesen, weil es zu prüfen hätte, ob der Verein mit der dauerhaften Unterbringung des Hundes in einer gewerblichen Tierpension tatsächlich seine steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke erfüllt hat.

BMF: Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug

„Sachbezüge sind alle nicht in Geld bestehenden Einnahmen.“ Diese schlichte Einschätzung des Bundesfinanzhofs aus 2010 gilt nach der Änderung des § 8 Einkommensteuergesetzes (EStG) im Jahressteuergesetz 2019 nicht mehr. Wie die neue gesetzliche Regelung zu Bar- und Sachlohn aus Sicht des Bundesfinanzministeriums zu handhaben ist, ergibt sich aus einem BMF-Schreiben vom 13.04.2021. Die Unterscheidung ist wichtig, weil Sachlohn in bestimmter Form und bis zu einer bestimmten Höhe lohnsteuerlich gesondert zu behandeln ist.

Der im Jahressteuergesetz 2019 neu gefasste § 8 (1) EStG definiert Einnahmen als „alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bis 7 zufließen. Zu den Einnahmen in Geld gehören auch zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten. Satz 2 gilt nicht bei Gutscheinen und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erfüllen.“ Zu Sachbezügen heißt es an gleicher Stelle: „Sachbezüge, die nach Satz 1 zu bewerten sind, bleiben außer Ansatz, wenn die sich nach Anrechnung der vom Steuerpflichtigen gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile insgesamt 44 Euro im Kalendermonat nicht übersteigen; die nach Absatz 1 Satz 3 nicht zu den Einnahmen in Geld gehörenden Gutscheine und Geldkarten bleiben nur dann außer Ansatz, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden.“

In seinem Schreiben vom 13.04.2021 stellt das BMF zunächst fest, dass ein Sachbezug nicht vorliegt, „wenn der Arbeitnehmer anstelle des Sachbezugs auch eine Geldleistung verlangen kann, selbst wenn der Arbeitgeber die Sache zuwendet (…).“

Als Beispiel für Sachbezug nennt das Schreiben auch die Gewährung von Gutscheinen und Geldkarten und nennt hier eine ganze Reihe von Beispielen.

Das Schreiben gibt auch Beispiele für Leistungen des Arbeitgebers, die keinen Sachbezug, sondern Geldleistungen darstellen. Dabei sind insbesondere zweckgebundene Geldleistungen und nachträgliche Kostenerstattungen von praktischer Bedeutung sowie Geld- und Wertguthabenkarten (Geldsurrogate), die über Barauszahlungsfunktion verfügen oder als generelles Zahlungsinstrument hinterlegt werden können.

Das Schreiben enthält auch Angaben zum Zeitpunkt des Zuflusses des Sachbezugs.

OFD Frankfurt/M: Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke im Ausland

Steuerbegünstigte Körperschaften können ihre Zwecke auch im Ausland erfüllen. Die OFD Frankfurt/M hat hierzu im Dezember eine Verfügung erlassen.

In ihrer Verfügung vom 02.03.2021 (OFD Frankfurt/M S 0170 A – 50 – St 53) verweist die OFD zunächst auf § 51 (2) AO, der den „Inlandsbezug“ des Gemeinnützigkeitsrechts beschreibt, nach dem die Steuerbegünstigung voraussetzt, dass die Auslandstätigkeit der steuerbegünstigten Körperschaft „auch zum Ansehen der Bundesrepublik Deutschland beitragen kann“.

Die OFD verweist weiterhin darauf, dass die Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke im Ausland sowohl durch eigens Handeln der inländischen steuerbegünstigten Körperschaft geschehen kann als auch durch die Tätigkeit als Körperschaft im Sinne des (neuen) § 58 Nr. 1 AO.

Bei beiden Formen gelten für die inländische Körperschaft die erweiterten Mitwirkungspflichten des § 90 (2) AO.

Welche Nachweise im Einzelnen anzufordern sind, ist laut OFD „je nach Lage und Größenordnung des Falles (…) unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu entscheiden“. Die Verfügung nennt beispielhaft Unterlagen, die als Nachweise dienen können.

Wenn die inländische steuerbegünstigte Körperschaft ihre Zwecke im Ausland selbst verwirklicht und sich dabei einer Hilfsperson bedient, empfiehlt die OFD den Abschluss eines schriftlichen Vertrags, „der Inhalt und Umfang der Tätigkeit sowie die Rechenschaftspflichten der Hilfsperson festlegt“.

Die auf die Auslandstätigkeit bezogenen Abrechnungs- und Buchführungsunterlagen sind im Inland aufzubewahren (§ 146 (2) AO).

Wenn die inländische steuerbegünstigte Körperschaft ihre Zwecke im Ausland als Förderkörperschaft verfolgt (§ 58 Nr. 1 AO), muss die Verwendung der Mittel im Ausland nachgewiesen werden. Mittelübertragungen dürfen nur an Empfänger erfolgen, deren Rechtsform „einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse“ im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes entspricht (Nachweis z.B. durch Satzung in deutscher Übersetzung).

Die Ausführungen der OFD Frankfurt/M entsprechen im Wesentlichen den Ausführungen eines Merkblatts des Finanzamts Körperschaften I.

BFH: Integrationsbetrieb als Zweckbetrieb in der umsatzsteuerlichen Organschaft

Gemäß § 68 Nr. 3 c) AO sind Inklusionsbetriebe im Sinne des § 215 (1) SGB IX Zweckbetriebe „wenn mindesten 40 Prozent der Beschäftigten besonders betroffene schwerbehinderte Menschen“ sind. Bei den in Tochtergesellschaften ausgegliederten sog. „ausgelagerten Arbeitsplätzen“, die als Inklusionsbetrieb am Markt tätig sind, stellt sich die Frage, ob die bei der Muttergesellschaft angestellten Beschäftigten zur Bestimmung der Beschäftigungsquote bei der Tochtergesellschaft mitzurechnen sind. Die Frage stellt sich gesondert im Falle umsatzsteuerlicher Organschaften.

Der BFH hatte in folgendem Fall zu entscheiden (BFH, V R 10/18 vom 27.02.2020):

Ein gemeinnütziger Verein (Träger einer Behindertenwerkstatt) nutzte seine gemeinnützige Tochtergesellschaft (gGmbH) als Integrationsprojekt und als Träger von ausgelagerten Arbeitsplätzen für die von ihm beschäftigten behinderten Personen. Die gGmbH bot solche aus-gelagerten Arbeitsplätze im Bereich der Gartengestaltung an. Zwischen Verein und Tochtergesellschaft bestand umsatzsteuerliche Organschaft.

Die Tochtergesellschaft bot die von ihr mit Hilfe der behinderten Personen erbrachten Leistungen zum ermäßigten Umsatzsteuersatz (§ 12 (2) Nr. 8 a) UStG an. Der Verein schuldete als Organträger die Umsatzsteuer und trat deshalb im Verfahren als Kläger auf.

Das Finanzamt nämlich bestritt für den von der Tochtergesellschaft betriebenen Gartenbaubetrieb die Zweckbetriebseigenschaft, weil sie selbst die Beschäftigungsquote nicht einhielt, da die behinderten Personen beim Verein beschäftigt waren. Entsprechend setzte das Finanzamt bei der Umsatzsteuer den Regelsteuersatz an.

Das Finanzgericht gab auf Klage des Vereins dem Finanzamt Recht und ging davon aus, dass die in der Tochtergesellschaft eingesetzten Beschäftigten des Vereins bei der gGmbH nicht mitzurechnen seien, die in § 68 Nr. 3 c) AO geforderte Beschäftigungsquote daher nicht erreicht war.

Der BFH gab im Revisionsverfahren dem Verein zunächst Recht und verwies den Fall an das Finanzgericht zur weiteren Sachverhaltsklärung zurück.

Die Argumentation des BFH lautet wie folgt:

Wegen der vom Finanzamt nicht bestrittenen umsatzsteuerlichen Organschaft seien „die An-gehörigen der vom Kläger betriebenen Werkstatt bei der Ermittlung der Beschäftigungsquote des von der Organgesellschaft betriebenen Integrationsprojekts bei der Berechnung der Beschäftigungsquote miteinzubeziehen“.

Das Finanzgericht müsste nun im Nachgang die Arbeitnehmereigenschaft der in der Werkstatt Beschäftigten prüfen.

„Vorsorglich“ weist der BFH darauf hin – und dies scheint zum Problem umsatzsteuerlicher Organschaften im Gemeinnützigkeitsbereich zu werden – dass die Gemeinnützigkeit der Tochtergesellschaft der bei umsatzsteuerlichen Organschaften geforderten wirtschaftlichen Eingliederung „entgegenstehen kann“, weil die gemeinnützige Tochtergesellschaft auf die Erfüllung ihrer eigenen Zwecke gerichtet sein muss und nicht auf die Zwecke des Organträgers. Nur bei Zweckidentität von Mehrheitsgesellschafter und Tochtergesellschaft seien „Verstöße hiergegen nicht zu befürchten“. Interessant ist, dass sich der BFH dabei auf frühere BFH-Urteile aus 1992 und 1993 sowie auf eine Literaturstelle aus 2005 bezieht. Es scheint hier also das Wiederaufleben einer Debatte bevorzustehen.

BFH: Zur Gemeinnützigkeit des Trägers einer Privatschule

Gemäß § 52 (1) AO verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Für gemeinnützige Schulträger bedeutet dies, dass die Schüler/innenschaft sich als Ausschnitt der Allgemeinheit darstellen lässt. Dies wiederum setzt voraus, dass das jeweils zu entrichtende Schulgeld „die Allgemeinheit“ wirtschaftlich nicht ausschließt.

In seinem Beschluss vom 26.05.2021 (BFH, VR 31/19) hatte der BFH mit der Nichtanerkennung der Gemeinnützigkeit einer GmbH zu tun, die eine allgemein bildende internationale Ergänzungsschule betreibt.

Im Streitjahr erhob die Schule Jahresgebühren zwischen ca. 11.000 Euro und 17.000 Euro.  Hinzu kamen jährliche Verwaltungsgebühren in Höhe von 400 Euro und Einschreibegebühren zwischen 3.000 Euro und 7.000 Euro, abhängig von der jeweiligen Anzahl von Teilnahme-Schuljahren.

Der Schulträger vergab auch Stipendien und Ermäßigungen für besonders begabte Schüler/innen, deren Eltern über nicht mehr als ein bestimmtes Einkommen verfügten, für Geschwisterkinder, zum Teil wurden die Kosten auch vom jeweiligen Arbeitgeber der Eltern getragen. Allerdings kam in der Summe nur eine Stipendienquote von nicht mehr als 10 % zustande.

Das Finanzgericht wies die gegen die Aberkennung der Gemeinnützigkeit gerichtete Klage mit der Begründung zurück, dass die Tätigkeit der Klägerin nicht auf die Förderung der Allgemeinheit gerichtet sei. Sie verstoße „gegen das Verbot der Sonderung nach den Besitzverhältnissen der Eltern“ und richte sich nur „an einen kleinen, sehr abgegrenzten Personenkreis“.

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück und stimmte der Argumentation des Finanzgerichts zu: Die Tätigkeit der Klägerin sei „nicht darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit zu fördern, weil sie aufgrund der Höhe des Schulgeldes und des konkreten Stipendienangebots einen Kreis von Schülern fördert, der nicht mehr die Allgemeinheit repräsentiert“.

FG Düsseldorf zur Gemeinnützigkeit betriebsbezogener Kinderbetreuungseinrichtungen

Dem in § 52 (1) AO festgelegte gemeinnützigkeitsrechtliche Grundsatz der „Förderung der Allgemeinheit“ schließt  nach § 52 (1) Satz 2 AO aus, dass „der Kreis der Personen, dem die Förderung zugute kommt, fest abgeschlossen ist, zum Beispiel Zugehörigkeit zu einer Familie oder zur Belegschaft eines Unternehmens“. Dies kann für die Gemeinnützigkeit von Trägern von Kindertagesstätten zum Problem werden, wenn sie ihr Angebot vertraglich zu wesentlichen Teilen an Kinder von Arbeitnehmer/innen eines bestimmten Betriebs richtet.

In einem sprachlich und inhaltlich schwer verdaulichen Urteil hat der 6. Senat des Finanzgerichts Düsseldorf in seinem Urteil vom 28.10.2019 (FG Düsseldorf 6 K 94/16 K) versucht, die komplexe Struktur einer gemeinnützigen Unternehmensgruppe, die vorwiegend bestimmten Unternehmen Kinderbetreuungsleistungen erbringt, gemeinnützigkeitsrechtlich zu beurteilen.

Die klagende GmbH ist als Träger der Freien Jugendhilfe anerkannt und betrieb im Streitjahr mehrere Kinderbetreuungseinrichtungen, die jeweils mit bestimmten Unternehmen Verträge über Betreuungsplätze geschlossen hatte.

Das Finanzgericht sah darin einen Verstoß gegen das gemeinnützigkeitsrechtliche Gebot der Förderung der Allgemeinheit. Die Klägerin sei auch nicht mildtätig, weil dies weder aus der Satzung hervorgehe, noch – wegen der Erhebung marktüblicher Entgelte – mit Blick auf die tatsächliche Geschäftsführung gegeben war.

Zum Thema Mildtätigkeit führt das Gericht dabei aus: „Der Senat ist der Auffassung, dass nicht jede Kinderbetreuungsleistung allein deshalb mildtätig ist, weil hilfsbedürftige Personen unterstützt werden. Mildtätigkeit liegt nach Auffassung des Senates nicht vor, wenn eine Leistung als Gegenleistung für eine marktübliche Honorierung erbracht wird. Da im Streitfall für die Kinderbetreuungsleistungen ein marktübliches Entgelt verlangt wurde, war die Leistung der Klägerin nicht mildtätig, sondern erfolgte nur, wenn und weil die Klägerin als Gegenleistung das marktübliche Entgelt erhielt.“

Das Gericht äußerte sich nicht abschließend zur zusätzlichen Vorhaltung des Finanzamts, der Kita-Träger habe seine Zwecke nicht selbstlos erfüllt, sondern zugunsten seiner nicht gemeinnützigen Gesellschafterin gehandelt. Allerdings bestehen aus Sicht des Gerichts „erhebliche Zweifel“, ob die von der Gesellschafterin erhobenen Entgelte (Selbstkosten zuzüglich 10% Handlungspauschale) fremdüblich seien.

Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt, das Verfahren ist beim BFH noch anhängig.

Änderungen des Geldwäschegesetzes: Transparenzregister als Vollregister

Die bisherigen Regelungen des § 20 Geldwäschegesetz sahen vor, dass z.B. juristische Personen des Privatrechts wie GmbH und Vereine von der Pflicht, Eintragungen im Transparenzregister vorzunehmen, befreit waren, wenn die Angaben zu den für diese Körperschaften wirtschaftlich Berechtigten bereits zutreffend aus einem in einem EU-Mitgliedstaat geführten öffentlichen Register zu entnehmen waren. Diese sog. „Mitteilungsfiktion“ ist durch die zum 01.08.2021 in Kraft getretenen Änderungen des Geldwäschegesetzes weggefallen.

Mit Inkrafttreten des „Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetzes“ sind u.a. alle juristischen Personen des Privatrechts zur Mitteilung an das Transparenzregister verpflichtet. Es gelten dabei u.a. folgende Fristen:

  • Aktiengesellschaften: 31.03.2022
  • GmbH / UG, Genossenschaften: 30.06.2022
  • alle anderen (z.B. Vereine, nur rechtsfähige Stiftungen, auch nicht rechtsfähige): 31.12.2022.

Zur Eintragung anzumelden sind über www.transparenzregister.de jeweils der/die wirtschaftlich/en Berechtigte/n.

Bei eingetragenen Vereinen erstellt die registerführende Stelle (das Vereinsregister) die Eintragung. Treffen die gemeldeten Daten nicht zu, muss der Verein melden. Die automatische Eintragung erfolgt bis spätestens 01.01.2023.

Wirtschaftlich Berechtigte sind natürliche Personen, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle die zu meldende Körperschaft steht:

  • Personen, die mehr als 25% des Kapitals halten oder mehr als 25% der Stimmrechte kontrollieren
  • oder Personen, die auf vergleichbare Weise Kontrolle ausüben.

Verfügt keiner der Eigentümer über die genannte Beteiligungshöhe oder übt die beschriebene Kontrolle aus, sind „fiktiv“ wirtschaftlich Berechtigte zu melden. Dies sind gem. § 3 (2) GWG die gesetzlichen Vertreter.

Auch mittelbar wirtschaftlich Berechtigte sind zu melden (z.B. natürliche Personen als Gesellschafter einer Muttergesellschaft).

Das Bundesverwaltungsamt hat mit Stand 21.08.2021 einen Fragen-und-Antworten-Katalog veröffentlicht, aus dem weitere Einzelheiten und Informationen zu Sonderfällen hervorgehen.

„Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohneigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie“ / FAQ BMF „Corona und Steuern“

Mit dem „Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens „Aufbauhilfe 2021“ und zur vorübergehen-den Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wegen Starkregenfällen und Hochwassern im Juli 2021 sowie zur Änderung weiterer Gesetze(Aufbauhilfegesetz 2021 – AufbhG 2021)“ wurde das in der Überschrift genannte Gesetz mit der nicht weniger umständlichen Bezeichnung geändert. Allerdings nur im Hinblick auf die Laufzeit.

Das genannte „Maßnahmengesetz“ aus 2020 hatte eine Laufzeit bis zum 31.12.2021. Diese wurde nun in Artikel 16 des „AufbhG 2021“ bis zum 31.12.2022 verlängert.

Bis zu diesem Zeitpunkt gilt daher u.a.

  • dass Gesellschafterbeschlüsse einer GmbH in Textform oder durch schriftliche Stimmabgabe auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter  gefasst werden können
  • dass der Vorstand eines Vereins auch ohne satzungsmäßige Ermächtigung den Mitgliedern ermöglichen kann, ohne Anwesenheit virtuell an Mitgliederversammlungen teilzunehmen oder ihre Stimme vor der Durchführung der Mitgliederversammlung schriftlich abzugeben.

Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) hat die Regelungen in einem Fragen-Antwort-Katalog erläutert (FAQ Änderungen im Gesellschaftsrecht und Genossenschaftsrecht). Aus den Erläuterungen ergibt sich zusätzlich, dass Vereine ihre jährlich abzuhaltende Mitgliederversammlung in das kommende Jahr verschieben können.

Auch das Bundesfinanzministerium hat seinen Fragen-Antwort-Katalog zum Thema Corona aktualisiert. Gemeinnützigen Körperschaften ist dabei ein Extrakapitel gewidmet.

Daraus ergibt sich neben vielem anderen (die Liste hat 13 Kapitel auf 42 Seiten und betrifft überwiegend nicht gemeinnützige Steuerpflichtige):

  • dass entgeltliche Tätigkeiten steuerbegünstigter Körperschaften im Zusammenhang mit Corona-Hilfen („Leistungen, die die für die Bewältigung von Auswirkungen der Corona-Krise notwendig sind“) auch bei fehlendem Satzungsbezug dem Zweckbetrieb zuzuordnen sind (eine vorherige Abklärung mit dem Finanzamt empfiehlt sich)
  • coronabedingte Verstöße gegen das Prinzip der zeitnahen Mittelverwendung nicht zum Verlust der Gemeinnützigkeit führen sollten
  • coronabedingte Verluste im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb durch Mittel des steuerbegünstigten Bereichs gedeckt werden können (auch hier ist Vorsicht geboten sowie eine gute Dokumentation)
  • die coronabedingte Nichterfüllung der Satzungszwecke nicht nachteilig ausgelegt werden sollte, wenn die Coronabedingtheit selbst z.B. im Tätigkeitsbericht glaubhaft gemacht werden kann.

Gleichlautende Ländererlasse zur Grunderwerbsteuer im Konzern

Mit gleich lautenden Erlassen haben die obersten Finanzbehörden der Länder zur Anwendung des § 6a Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) Stellung genommen. Die Vorschrift soll Änderungen in Konzernstrukturen grunderwerbsteuerlich erleichtern.

Die Erlasse mit Datum vom 22.09.2020 verarbeiten sieben Urteile des BFH vom 21. und 22.08.2019, in denen der BFH sich mit der grunderwerbsteuerlichen Begünstigung von Umstrukturierungsvorgängen in Konzernen beschäftigt hat und dabei die bisherige Praxis der Finanzbehörden korrigierte.

Die wichtigste Botschaft des komplexen Regelungswerks ist,

  • dass Umstrukturierungen, die auf umwandlungsgesetzlichen Regelungen beruhen, begünstigt sind,
  • dass die Begünstigung aber nur zum Tragen kommt, wenn beherrschende und beteiligte Unternehmen selbst und deren Beteiligungsverhältnis mindestens fünf Jahre existieren, es sei denn – und dies ist eine wichtige Änderung – dass diese sog. „Vorbehaltensfrist“ von dem jeweiligen beteiligten Unternehmen umwandlungsrechtlich überhaupt eingehalten werden konnte.

Ausgenommen von der erforderlichen Einhaltung der Vorbehaltensfrist sind daher

  • die Aufspaltung zur Neugründung
  • die Abspaltung zur Neugründung
  • und die Ausgliederung zur Neugründung.

Der fünfjährigen Vorbehaltensfrist entspricht eine ebenfalls fünfjährige Nachbehaltensfrist, für die ebenfalls gilt, dass sie von dem jeweils beteiligten Unternehmen umwandlungsrechtlich eingehalten werden kann.